Dienstag, 4. Februar 2014

Aufreger des Tages: das Futterhaus in Kreuzberg!

Zur Heu- und Streubeschaffung wollten wir heute ein neues Fleckchen ausprobieren, ein uns bis dato unbekanntes Territorium, das Futterhaus. Die Kette Futterhaus kam uns einmal positiv zu Gehör, weil einzelne Filialen vor Weihnachten keine Lebendtiere mehr verkauft haben, was durchaus ein schätzenswertes Zeichen ist und so versuchten wir uns heute da - mit zugegeben trotzdem mittelhohen Erwartungen.

Angekommen in der Kreuzberger Filiale schon der erste Schreck, wenig einladend ein eher dunkler Fleck im Karstadt-Warenhaus, fühlten wir uns an ein anderes ähnlich düsteres Tiergeschäft erinnert, das von privater Hand geführt in der sächsischen Heimat noch den Staub von gestern trägt und ein unterirdisches Warenangebot zur Ansicht stellt. Im Futterhaus war es dann nicht ganz so schlimm, aber Aquarien von vorgestern, wo die Verkaufsfische unstetig vor sich hinblubbern und teils antikes Interieur zeugen von einem Stillstand, der sich leider auch im Verkaufsverhalten der Mitarbeiterinnen zeigt. Dass Tiere in "Zooläden" nicht zwangsläufig zum Verkauf stehen müssen, darüber wird hier sehr gut aufgeklärt. Auch mit einer breiten Palette an Zubehör, Snacks und Fanprodukten für den Halter ließe sich mit geschicktem Marketing durchaus ein guter Umsatz zaubern.

Nichtsdestotrotz scheint gerade das Futterhaus trotz eingänglich benannter Aktion gut und gerne am Verkauf von Tieren zu verdienen und das führt mich denn auch zu unserem Aufreger des Tages: einer schlechten Beratung, in der sich vor allem die Verkäuferin profilierte und das Abkanzeln ihrerseits, als wir Bedenken hinsichtlich der Einzelhaltung eines traurigen jungen Böckchens äußerten

Natürlich verkaufen Tierläden Tiere, also Lebewesen, um damit Gewinn zu erzielen, manche achten dabei auf eine artgerechte Haltung, andere streuen etwa - gerade bei den Schweinchen und Häschen - großflächig Pellets auf dem Boden aus, stellen noch einen Napf mit ungesundem Trockenfutter hinein, stecken eine Wasserquelle hinzu und denken: Fertig ist der Lack. Upgegraded gibt es noch Heu und Häuschen dazu - so im Futterhaus. Dass Trockenfutter im Fertigbausatz dick und krank macht und Pellets Füße und Gelenke ruinieren: geschenkt. Hauptsache rein das Tier und schnell abverkauft. Da machen dann auch vorübergehend arg verschmutzte Käfige mal nichts.

In der Beratung heute verkaufte die Mitarbeiterin zwei weibliche Jungtiere, zugegeben, wunderschöne. Nachdem die Kunden sich bereits für die Tiere entschieden hatten, drückte sie ihnen den standartisierten 1,20m-Käfig auf, die üblichen niedlichen (überteuerten) Heu- und Streupäckchen und spielte sich auch beim Zubehör als große Expertin auf, sodass sie allerlei Tant verkauft bekam. Die Futterhausmeertiererstausstattung rät unter anderem zu solchem Käse wie Salzlecksteinen, Nagersteinen, Bürsten und natürlich Trockenfutter, gute Geldquellen, aber unnötig für's Tier, denn alle möglichen Leck- und Knabbersteine, die mit Mineralien angereichert sind, schaden nur Organismus und Kreislauf und führen etwa zu schmerzhaften Blasensteinen, sauberhalten können sich die Schweinchen von alleine (bürsten maximal bei Langhaartieren, aber das bedeutet leider Stress, weil kein Meerschwein weiß, dass man ihm mit dem Bürsten etwas gutes tun will) und Trockenfutter: nein, schlichtweg nein. Vielleicht hatten wir es mit einem "Verkaufstalent" zu tun, aber das Geschwätz der Mitarbeiterin über den Tierumgang war eben abstoßend offensichtlich von den Eurozeichen in den Augen geprägt, nicht von den Empathie für die Kleinen, die nun zu Neuhaltern ziehen mussten, die sich leider nicht zuvor über die Bedürfnisse ihrer neuen Mitbewohner informiert haben. (Bleibt abzuwarten, wann wir diese schönen Tiere in den Ebay-Kleinanzeigen wegen angeblicher "Tierhaarallergie" wiedersehen werden.)

Dieses ganze System bei besserem Kenntnisstand beobachten zu müssen, das war schon mal ganz großer Murx. Grausam war dann aber die Einzelhaltung eines schon etwas älteren Böckchens (8+ Wochen), das Aufmerksamkeit suchend in einem bescheiden stickigen Glaskäfig ausharren musste und vor Einsamkeit laut schrie - das niedliche kleine Wuscheltier rannte und schrie vergeblich nach Gesellschaft, es flitzte, kletterte, schaute mich mehrmals bedrückt an und schrie und schrie und schrie - das ganze Verhalten entsprach dem eines Tieres, das die Welt nicht mehr versteht. Schweinchenpapi und ich unterhielten uns darüber, dass diese Einzelhaltung wohl kein Zustand sei, besonders weil auf der anderen Seite ein weiteres Böckchen saß (oder mehr? war nicht zu sehen). Die superschlaue Verkäuferin hat dies vermutlich gehört und blaffte nur kurz: "Der hat es ja nicht anders gewollt". 

In so einem Moment muss man als Tierschützer immer eine passende Antwort parat haben. Wir hatten sie, denn natürlich hat das Böckchen es nicht so gewollt, es hat vielleicht seine Macht vor dem Böckchen auf der anderen Seite demonstrieren wollen, die Rangordnung mit dem etwa Gleichaltrigen ausmachen und ihm zeigen wollen, was eine Harke ist - aber es hat ganz bestimmt nicht darum gebettelt, in einem gruseligen stinkenden Glaskasten alleine sitzen zu müssen und letztendlich nicht zu wissen warum. Diese Antwort der sichtbar überforderten Mitarbeiterin in Anwesenheit der anderen Kunden geben zu wollen - hier einer mit der Forderung nach Schlangenmäusen, dort ein Rattenkäufer - haben wir uns verkniffen. Schon um diese Arbeit durchführen zu müssen, muss man sicher eine Resistenz gegen besserwisserische "Kunden" entwickelt haben, insofern wäre jede Entgegnung unsererseits eine Perle vor die Sau gewesen. Das Böckchen tat mir nichtsdestotrotz furchtbar leid. Wer weiß, was aus ihm werden wird, wenn er fortfährt, sich aggressiv zu zeigen? Wird irgendwann jemanden aufgehen, dass Einzelhaltung das Schweinchen noch aggressiver machen könnte? Sein süßes Gesichtchen und freundliches, offenes Wesen konnte man durchaus schon durch die Scheibe erkennen, aber Einzelhaltung und kalte Behandlung können so manches Tier brechen.

Dem Futterhaus in Kreuzberg haben wir ohne Kauf den Rücken zugewandt, kleine teure Heupäckchen und winzige Streupäckchen sind nichts für uns, Nagefertigprodukte der gängigen wie umstrittenen Futtermarken auch nicht. Wir werden uns auch sicher nicht wiedersehen. Vom Futterhaus wurden wir, was den Kleintierverkauf angeht, kräftig enttäuscht. Und dem kleinen süßen Böckchen und allen anderen Tieren in den Zoohandlungen wünschen wir alles Glück der Erde, dass sie es hoffentlich auch mal so gut haben werden, wie unsere Kätzelsbären.

_ _ _ _ _

Zum Ausgleich grüßen euch die Tiere, denen es so richtig gut geht. (Mehr von allen ganz bald, wir haben ja noch die ganzen Neuigkeiten.)